Autorenbrief: Auf der letzten weißen Seite ...
Liebe Autorinnen und Autoren,
manchmal fragen wir uns wie wir zum Schreiben gekommen sind, versuchen uns zu erinnern. Anders der bulgarische Schriftsteller Georgi Gospodinow, der sofort weiß, dass ihn ein Albtraum zum Schreiben brachte: Als Kind durfte er seiner Familie einen verstörenden Traum nicht erzählen, weil der sonst „wahr werden“ würde. Deshalb schrieb er ihn heimlich auf die letzte weiße Seite ganz hinten in ein Buch, wo niemand ihn finden würde. Sein Albtraum und wie er ihm entkam, ist ihm bis heute in Erinnerung, denn er war der Anfang seines Schriftstellerlebens. „Ich schreibe, weil ich Angst habe. Das ist der wesentliche Impuls.“ Sein Debüt-Titel Natürlicher Roman, wurde in zehn Sprachen übersetzt und machte ihn in vielen Ländern bekannt.
Kann man wirklich so gnadenlos ehrlich sein wie Per Olaf Enquist in seiner Autobiografie Ein anderes Leben? Der schwedische Schriftsteller hatte sich im Kampf gegen den Alkohol schon zweimal aufgegeben, es gab nichts mehr zu verbergen, was er nicht über sich wusste. „Es ist ein dokumentarischer Roman … Es ist über mich. In der dritten Person: Ich mogle nicht. Alles, was ich über mich schreibe, ist wahr. So wie ich es erinnere.“ Über 500 Seiten lang ist sein Lebensbericht geworden. Aber vorher schrieb er Kapitän Nemos Bibliothek, der ihm aus der Schreibblockade half.
Wenn Sie Ihr Leben aufschreiben wollen, müssen auch Sie bereit sein, ehrlich von sich zu erzählen. Judith Barrington kann Ihnen mit ihrem Buch Meine Erinnerungen, mein Leben dabei helfen, hr autobiografisches Thema zu erkennen, einzugrenzen und sich beim Schreiben darauf zu konzentrieren. Sie zeigt, wie man das innere Erleben schildert, Namen und Orte nennt oder verfremdet - und dennoch bei der Wahrheit bleibt.
Haben Sie schon von Carsten Friedrichs gehört? Ich kannte ihn nicht bis ich auf sein Büchlein Später kommen, früher gehen. Ausgewählte Songtexte im Ventil Verlag stieß. Der bringt eine neue Reihe für Singer/Songwriter raus, in dem auch C. F. seine 90 Songtexte veröffentlicht hat. Sie stammen von den Auftritten mit seiner Band „Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen“ und sind für treue Fans gedacht. Eine Kostprobe hier aus dem Text für den letzten großen Bohemien: „Er steht spät auf/Und er kommt spät nach Haus/Und rund um die Uhr/Trotzt er der Arbeitsagentur.“ Klingt als ob es ein bisschen spät war beim Songtexte schreiben.
In seinem Gedicht „Kedi oder die Katze von Van“ bewundert der Lyriker Joachim Sartorius eine türkische Schönheit auf vier Beinen, die sicher viele Katzenverliebte entzückt hat. Warum? Weil die Weiße, wie der Dichter sie beschreibt, „ihre Gefühle sogar vor dem Mond versteckt“, lange nachdenkt, gähnt, sein Gedicht „für ein gut beheiztes blau gekacheltes Bad“ hält und nicht etwa für den Bosporus. Nicht einmal wasserscheu ist sie. Für diese Kedi tragen sogar Tulpen rote Turbane und natürlich springt sie nach Katzenart „auf den Diwan/ östlich gestreift mit Westen wie dies Gedicht“ – obwohl sie doch von Goethe gar nichts weiß.
Dafür wissen Katzen was wirklich wichtig ist im Leben, wie man zum Beispiel seinen Menschen und sich selbst glücklich macht. Nachzulesen im Katzen-Klassiker von Paul Gallico Miau sagt mehr als tausend Worte – gerade aus der Druckerei: „Ein bezauberndes und amüsantes Buch für Katzenfreunde!“ Wussten Sie eigentlich: „Katzenleute lesen mehr, die sind literarischer!“ (SWR 2021 „Auf leisen Pfoten, Katzen in der aktuellen Literatur“) Eine tolle Sendung mit Schriftstellern und Verlegern und nur über Katzen.
Herzlich
Ihre Gerhild Tieger