Marie NDiaye empfiehlt Familiengeschichten
Nach 25 Jahren als Schriftstellerin erhielt sie 2009 den Prix Goncourt für "Drei starke Frauen". Im Interview hat Niklas Bender sie gefragt: In Ihren Texten ist die Frage der Herkunft sehr präsent, im sozialen, familiären, geographischen Sinne; oft ist diese Herkunft problematisch, besonders die familiäre.
"Familiengeschichten finde ich sehr interessant, sie sind ein Kondensat der Welt: In Familiengeschichten findet man Tragisches, Groteskes, man findet Liebe und Hass. Oft sind Tragödien ja Familiengeschichten, sei es in "Hamlet" oder in "Bérénice". Häufig sind es Tragödien über Thronfolgen, aber schwierige oder unmögliche Heiraten. Nur selten ist man nict in irgendeiner Weise in einem Familienroman oder in einem Familiendrama. Schließlich handelt es sich um eine offensichtliche und einfache Situation: Wir haben immer eine Beziehung zu Eltern oder Erziehern gehabt; wir kommen alle aus irgendeinem Milieu. Wenn man schreibt, ist dieses Thema das am leichtesten zugängliche, das unmittelbarste."
aus: "Glauben Sie an Magie, Madame NDiaye? von Niklas Bender, Frankfurter Allgemeine Zeitung 5.12.2009