Liebe Autorinnen und Autoren,
in einem Interview verglich Horrorautor Bret Easton Ellis (American Psycho) die unbeschwerte Ausdrucksfreiheit von Autoren mit den Einschränkungen der Gegenwart: „Heute leben wir in einer Welt, in der man alles Mögliche nicht sagen darf, weil jemand davon getriggert werden, sich verletzt fühlen könnte.“ Ein Beispiel: Literaturkritiker und Autor Rainer Moritz berichtet in der NZZ über den Roman Mr Loverman der Erfolgsschriftstellerin Bernadine Evaristo. Sie wagte es, ihre Hauptfigur aussprechen zu lassen, was aus Sensibilitätsgründen tabu geworden ist. Denn Protagonist Barry äußert sich nicht nur drastisch über Schreckschrauben, Homosexuelle und brachte damit Lektor und Verlag in Verlegenheit. Für womöglich gekränkte Leserseelen wurde deshalb eine Warnung im Buch veröffentlicht: “Sprache und Sprachgebrauch in diesem Roman folgen der Figurenrede. Die Übersetzung orientiert sich bei kritischen Ausdrucksweisen, Sprachfärbungen und Vergleichen eng am Original.” Dazu noch einmal eine Bemerkung von Bret Easton Ellis: „Denke nie an ein Publikum! … Meine Verleger wünschten gewiss manchmal, dass ich das täte.“
Über “Choking under Pressure", dem Versagen unter starkem Druck, hat Journalist Timo Frasch in seinem Beitrag “Von List und Lust” berichtet: Was tun, wenn man vor dem Computer sitzt und der Flow beim Schreiben bleibt aus, weil der eigene Erwartungsdruck so groß ist? Der FAZ-Redakteur hat Philosoph Slavoj Zizek (Die Paradoxien der Mehrlust: Ein Leitfaden für die Nichtverwirrten) gefragt, wie er dem Problem begegnet: “Erst lese ich ein bisschen, markiere vielleicht eine Passage und dann tippe ich eine Idee, bereits ausformuliert, in meinen Computer, einen Gedanken, manchmal auch zwei oder drei Seiten.” Zwischendurch sagt er sich zur Beruhigung, dass es sich lediglich um eine Übung, eine Vorbereitung, nur Notizen handelt. “Und dann kommt irgendwann der Punkt, an dem ich sage: Doch das ist schon das Schreiben gewesen.” Der kritische Punkt ist überwunden, die List hat gewirkt. Ob es auch bei Ihnen so klappt?
Seit die Unesco auf Antrag Spaniens 1995 den 23. April zum “Welttag des Buches” erklärte, weil “Bücher in der Geschichte der wichtigste Faktor für die Verbreitung und Bewahrung von Wissen sind”, verschenken Literatur- und Bücherfreunde an diesem Tag Bücher. Ein schöner Brauch ist das inzwischen geworden und für viele Bücher auch eine zweite Chance eine neue Heimat zu finden.
Schon vor 300 Jahren lebte die erste Berufsschriftstellerin, Anna Louisa Karsch, in Deutschland. Für sie war es keine Frage, dass alles, was ihr im täglichen Leben begegnete, auch Platz im Gedicht hat. “Ihre Fähigkeit, … spontan ein Gedicht schmieden zu können oder aus wenigen zugeworfenen Endreimwörtern ein sinnvolles Poem zu zaubern, war legendär”, schreibt Alexander Kosenina. Im Gleimhaus in Halberstadt ist der Dichterin unter dem Motto “Plötzlich Poetin? Anna Louisa Karsch – Leben und Werk” eine Ausstellung gewidmet – noch bis zum 30. April. Das Buch zum Einstieg ins Dichten ist Marion Gays: Türen zur Poesie. Gedichte schreiben im Unterricht mit 100 Schreibspielen. Wer gerne Lyrics schreibt greift zum Handbuch für Songtexter: Mehr Erfolg durch professionelles Schreiben und Vermarkten von Edith Jeske und Tobias Reitz, zwei Profis, deren Songtexte so erfolgreich sind.
Wussten Sie, dass es einen sogenannten Selbstfindungstest gibt, der Menschen in 16 Persönlichkeiten und diese wiederum in vier Kategorien einteilt. Der Myer-Briggs-Typenindikator ist ein Versuch, Menschen in Bezug auf Antrieb, Aufmerksamkeit, Entscheidung und Lebensstil zu charakterisieren. Was für Personalchefs früher ein psychologisches Handwerkszeug bei der Beurteilung von Bewerbern war, kann auch für Schriftsteller bei der Figurenbildung eine Hilfe sein. Schriftsteller und Drehbuchautoren schätzen die 20 Masterplots von Ronald Tobias.
Der portugiesische Schriftsteller Antonio Lobo Antunes verglich sich einmal mit einem “Hirtenhund einer Herde von Worten” und erklärte: “Man kann die Worte nicht anbellen: man muss sie umkreisen.”
Hüten Sie Ihre Worte nicht zu gut, lassen Sie ihnen die Freiheit der Fantasie und des alltäglichen Lebens - herzlich
Ihre Gerhild Tieger
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