Autorenbrief Oktober 2022 - “Woher beziehe ich meine Ideen?"

Liebe Autorinnen und Autoren,
... und wie lange dauert es, bis ich sie zu Papier bringe?" Diese fiktive Frage beantwortete der Schriftsteller Ray Bradbury: “Fünfundfünfzig Jahre oder neun Tage." Denn die Arbeit an “From the dust returned” begann er 1945 und beendete sie erst 2000. Anders als bei "Fahrenheit 451 da hatte ich die Idee an einem Montag, und die erste kurze Version war neun Tage später fertig. Sie sehen, alles hängt von der unmittelbaren Leidenschaft ab." (Aus dem Nachwort zu seinem Roman “From the dust returned”).

Ray Bradbury, einer der großen amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, hat über 500 Kurzgeschichten, Romane, Gedichte, Theaterstücke und Drehbücher geschrieben. In Zen in der Kunst des Schreibens erklärt er die Voraussetzung für seinen Erfolg: “Wenn Du ohne Leidenschaft schreibst, wenn Du nur an den Markt oder an die Avantgarde denkst, bist Du kein Schriftsteller, ein Schriftsteller ist vor allem eins - erregt!” (Literarische Welt)

Auch Ray Bradbury empfahl unser ältestes Buch über Kreatives Schreiben, das als Klassiker über den schöpferischen Prozess des Schreibens und den Weg zur Schriftstellerpersönlichkeit gilt: “Ein wirklich nützliches Buch ist Dorothea Brandes Schriftsteller werden. Es ist zwar schon vor vielen Jahren veröffentlicht worden, beschreibt aber viele effektive Wege, wie ein Autor herausfinden kann, wer er ist und wie er das, was in ihm liegt, - oft durch Wortassoziation - zu Papier bringen kann.”

„Möchten Sie, dass mehr Menschen sind wie Sie oder weniger?“ fragt der Journalist und Buchautor Sven Michaelsen (Mitten im Leben – wo mag das sein?). Es folgen zwei Zeitungsseitenlang weitere 199 Fragen, die es in sich haben: „Angenommen, es erscheint eine wahrheitsgetreue Biografie über Sie. Wünschen Sie dem Buch viele Leser?“ Manche der Fragen gehen unter die Haut und sind schrecklich direkt, - für Autoren mit noch unvollständigen Figuren, aber anregend. Hier finden Sie Fragen und teilweise auch Leserantworten: Sven Michaelsen NZZ.

Der Deutsche Nachwuchs-Filmpreis in 9 Kategorien, die First Steps Awards für Filme, die an deutschen Filmhochschulen entstanden sind, wurden vergeben. Moderator Hassan Akkouch nahm die Gelegenheit wahr, um mehr Wertschätzung für gute Drehbücher zu verlangen und auf die schwierige Situation der Filmemacher aufmerksam zu machen: „Das Drehbuch ist die Grundlage für jeden Film, das ist klar. Ohne Drehbuch kein Film. Das verdient Respekt, sollte man denken, aber Drehbuchautoren werden in Deutschland unterirdisch schlecht behandelt und davon muss mal geredet werden.“ First Steps Awards.

“Bevor Sie ein Fachbuch über das Drehbuchschreiben oder Regieführen zur Hand nehmen, sollten Sie dieses Buch lesen!” Gemeint ist Sidney Lumets Filme machen. Vom Drehbuch zum fertigen Film. Seine Filme haben mehr als fünfzig Oscar-Nominierungen erhalten. Im Jahr 2005 bekam er den Oscar für sein Lebenswerk. David Mamet sagt: “Sidney ist der Maestro … Sein Buch ist, wie seine Filme sind – freimütig, ehrlich, temporeich und sehr, sehr klug. Jeder, der ernsthaft am Film interessiert ist, sollte es lesen.”

Nichts hält Schriftteller davon ab, stundenlang stillzusitzen um Geschichten zu Papier zu bringen. Dafür braucht es eine gute Kondition. Der amerikanische Schriftsteller Philip Roth hat einmal gesagt: „Um zu schreiben, muss man robust sein, unabhängig und gesund.“ Ich vermute, dass Sie dem von Herzen zustimmen und wünsche Ihnen, dass Sie diesem Idealzustand möglichst nahekommen.
Ihre Gerhild Tieger