Stefan Zweifel: "Die letzte Kunst ist Copy-Paste"

schreibt der Journalist, Übersetzer und Buchautor Stefan Zweifel in seinem ausführlichen Beitrag für die Neue Zürcher Zeitung und erinnert an die Schreib-Art der Da-Daisten:

"Um die Vernunft zu unterlaufen, erfanden sie die "écriture automatique": Denn das rasend rasche automatische Schreiben löst im Rausch der kritzelnden Hand die Kontrolle über das Ich auf. In den Schriftzügen solcher Texte zeichnet sich eine Gegenwelt ab, in der der Zwang zum Sinn dem Klang der Sinnlichkeit Platz machte. Kunst als Verunsicherung, nicht als Kapital-Absicherung." 

"Es gibt kein geistiges Eigentum, ja überhaupt kein Eigentum: Die Ursünde des Menschen besteht doch seit Rousseau darin, dass jemand einmal einen Pfahl in den Boden schlug und sagte: "Das ist meins." Wer als Revolutionär aber das Kapital abschaffen will, muss auch das Recht am eigenen geistigen Eigentum abgeben: Alles kommt in Fluss wie die Natur. Wer am Copyright hängt, ist ein Konterrevolutionär. Die letzte Kunst ist Copy-Paste." 

 aus: "Vor hundert Jahren wird die Türe in die Sphären von Rausch und Traum aufgestossen" von Stefan Zweifel - Neue Zürcher Zeitung 6.4.2024